Paraffine – Erdöl in Kosmetik
Paraffine für die Körperpflege, auch als Mineralöle bezeichnet, sind ein Nebenprodukt der Erdölaufbereitung und entstehen aus ungereinigten Industrieparaffinen. Gereinigte Paraffine sind in flüssiger oder fester Form in zahlreichen Körperpflegeprodukten als Bindemittel in Cremes, Salben, Pasten, Lotionen, Kosmetika und weiteren Medizinprodukten enthalten, da sie filmbildende, schützende und wasserabweisende Eigenschaften haben. Sie lösen keine Allergien aus, sind dermal sehr gut verträglich und sind preisgünstig.
Paraffine schädigen die Umwelt
Rohparaffine werden bei der Schmierölproduktion energieaufwändig aus Erdöl destilliert oder aus Braunkohle oder bituminösen Schiefern sowie Torfkohlen gewonnen. Damit leistet die Paraffinproduktion ihren Beitrag zur Erhöhung von Treibhausgasemissionen weltweit.
Beim täglichen Gebrauch gelangen sie, da nicht durch Klärwerke filterbar, in den Wasserkreislauf. Sie können jedoch von Bakterien abgebaut werden und verbleiben nicht dauerhaft in der Umwelt. Die Abbaudauer ist unklar.
In den letzten Jahren werden vermehrt große Klumpen von Industrieparaffinen an die Strände gespült, die vermutlich aus Schiffswaschungen von Chemiefrachtern stammen. Das Einleiten von Paraffin und paraffinähnlichen Stoffen ins Meer ist bisher international geregelt, aber nicht verboten. Problematisch ist, dass Paraffinbrocken von Meerestieren und Seevögeln mit Nahrung verwechselt werden. Weiterhin enthalten diese Brocken, da sie einen geringen Reinheitsgrad aufweisen, krebserregende Substanzen wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (s. u. MOAH), die von Badegästen und Meerestieren aufgenommen werden können. Das Bundesamt für Risikoforschung (BfR) hält daher „ein generelles Verbot der Einleitungen solcher aufschwimmender Stoffe wie Paraffin in Nord- und Ostsee für unbedingt notwendig“
Diskussion gesundheitsschädigender Eigenschaften
Während des Verarbeitungsprozesses von Rohparaffin entstehen neben reinem Paraffin zwei weitere Paraffin-Bestandteile:
aromatisierte Mineralöle, kurz MOAH (mineral oil saturated hydrocarbons) und
gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe, kurz MOSH (mineral oil aromatic hydrocarbons)
2015 stellte die Stiftung Warentest fest, dass sich in 25 von 25 getesteten herkömmlichen Kosmetik- und Pflegeprodukten MOAH befand. MOAH steht in dringendem Verdacht, krebserregend zu sein. Drei Jahre später, in einer Stellungnahme vom Februar 2018, diskutiert das Bundesinstitut für Risikoforschung (BfR) die Analysemethodik von MOSH und MOAH in Produkten. Das BfR kommt zum Schluss, dass erst die 2017 eingeführte zweistufige Analysemethodik zu einer signifikant besseren Quantifizierung von MOAH geführt habe, da diese offensichtlich im früheren einstufigen Verfahren überbewertet wurde und somit zu falsch hohen MOAH Werten in Produkten geführt habe.
MOSH hingegen ist als Verunreinigung in manchen Lippenpflegestiften enthalten. Beim Auftragen gelangt ein Teil durch orale Aufnahme in den Körper und reichert sich in den Organen an. Eine toxikologische Relevanz sei, wie in einer Studie an Ratten beobachtet, laut BfR für Menschen zweifelhaft.
Paraffine mit hohem Reinheitsgrad, welche für Kosmetika oder als Bestandteil von Arzneimitteln verwendet werden, werden insgesamt durch die Europäische Kommission und den BfR als nicht krebserregend eingestuft.
Das BfR räumte 2015 ein, es bestünden „Datenlücken, die eine gesundheitliche Bewertung erschweren. Diese betreffen u. a. Daten zur Aufnahme über die Haut nach lang andauerndem Kontakt, zur oralen Bioverfügbarkeit und zur Relevanz histopathologischer Leberveränderungen (Mikrogranulome), die im Tierversuch bei einem besonders sensitiven Rattenstamm nach Fütterung entsprechender Präparate auftraten (…) Auch zur Wirkung und zum Vorhandensein von aromatischen Kohlenwasserstoffen (MOAH) in kosmetischen Mitteln ist derzeit wenig bekannt. Eine Gesamtbewertung wird nicht zuletzt durch Datenlücken bezüglich der Zusammensetzung der in der Kosmetikindustrie verwendeten Mineralölgemische erschwert“.
Die Verwendung von paraffinhaltigen Externa ist in der Dermatologie und anderen medizinischen Fachbereichen etabliert. Die breite Anwendung in herkömmlichen und frei verkäuflichen Produkten sollte auch aus Gründen des Klimaschutzes unbedingt überdacht werden.
Paraffinarten in Pflegeprodukten und Kosmetika
Je nach seiner chemischen Zusammensetzung und Herstellungsart taucht Paraffin unter folgenden Namen in den Listen von Inhaltsstoffen auf Produkten auf:
- Paraffinum liquidum
- Petroleum oder Petrolatum
- Isoparaffin
- Ceresin
- Vaseline (Microcrystalline Wax
- Cera Microcristallina
- Mineralwachs oder Mineralöl
- Ozokeritem
© Dr. med. Dipl. Biol. Susanne Saha 06/2021